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Fahrradtour durch Deutschland 

Von den Bergen bis ans Meer

16 Tage – Oberstdorf/Sylt – 1417 km – ↑6739 m /↓7689m

 

2020. Naja was soll man sagen. Dieses Jahr brachte viel Veränderung. Auch ich habe mich entschieden dieses Jahr in good old Germany zu bleiben. Und was soll ich sagen . Es hat sich mehr als gelohnt.

Das altbekannte Italien Squad bestehend aus Roman, Joel, Furkan und mir hat das Fahrrad fahren für sich neu entdeckt. Aus kleineren Touren rund um unsre Heimat wurden immer größere, bis wir schließlich fast jeden Sonntag an die 100km gefahren sind. Daraus entstand der Plan etwas (für uns) verrücktes zu planen. Eine Radtour durch Deutschland. Einmal quer durch die Republik. Und ja, man muss dazu sagen es ist deshalb nicht selbstverständlich, weil wir wirklich nicht die sportlichsten sind. Auf jeden Fall blieb für die Routenplanung nicht wirklich Zeit weil ja schließlich auch studiert werden wollte. Als der vorrasuichtliche Termin näher rückte kamen leider einige Dinge dazwischen, sodass nur noch Roman und ich übrig blieben. Jetzt das Handtuch schmeißen ?Niemals! Auf unserer Tour die vom südlichsten Punkt Deutschlands (Haldenwanger Eck) zum Nördlichsten Punkt erleben wir unzählige Dinge, die in den jeweiligen Tagesberichten zu lesen sind. Danke an Roman fürs Texte schreiben. Ich war für das Video zuständig, der die Reise visuell nachvollziehbar machen sollte. Viel Spaß beim Lesen

Neubulach/Oberstdorf – Kempten

Tag 1 – Mi. 5 August 2020 – 51,7 km – ↑196 m /↓357m

Oberallgäu, Unterallgäu, Kempten

Der erste Tag des Abenteuers begann für uns beide am frühen Morgen in Neubulach. Da wir die Fahrräder nicht beide in ein Auto packen konnten, mussten wir für die Strecke bis nach Oberstdorf den Zug nehmen. Dafür sind wir gegen sieben Uhr morgens auf zur Station Bad Teinach, um an den Bahnhof zu kommen. Obwohl die Entfernung bis zu unserem Startpunkt nicht allzu groß ist, war die Zugfahrt doch spannender als gedacht. Nach fünfmaligem Umsteigen sind wir dann aber doch schon gegen Mittag in Oberstorf angekommen. Und anstatt uns direkt nach Norden aufzumachen, haben wir die erste Anstrengung auf uns genommen und haben uns bis nach Einödsbach, der südlichsten Gemeinde Deutschlands aufgemacht, um das Mittagessen auf der Buchrain-Alpe nachzuholen. An diesem Punkt, der sowohl den südlichsten, als auch höchstgelegensten Punkt der Reise markierte, fing die Radtour dann offiziell bei Kilometer Null an.

Da wir einen gewissen Zeitplan doch einhalten wollten, haben wir uns gegen halb sechs aufgemacht, um die Strecke bis nach Kempten an dem selben Tag noch zu schaffen. Und bereits bei den ersten Kilometern wurden wir mit den herrlichen Aussichten, die man im Allgäu quasi an jeder Straßenecke findet, belohnt. Diese Hügel sind zwar wunderschön anzusehen, aber die 25 Kilogramm Gepäck, die jeder von uns dabei hatte, machten sich dort schon ziemlich zu bemerken.

Abends konnten wir dann unser Zelt austesten und konnten uns schon einmal an das Camper-Leben gewöhnen.

Kempten – Ulm

Tag 2 – Do. 6 August 2020 – 102,1 km- ↑313 m /↓520m

Ravensburg, Biberach, Neu-Ulm, Ulm

Im Vergleich zum ersten Tag war dieser doch etwas angenehmer. Nach einem ausgiebigeren Frühstück in der Nähe von Kempten und nachdem alles wieder auf die Fahrräder gesattelt wurde ging´s erst einmal zum Ufer der Iller, an dem ein durchgängiger Radweg bis nach Ulm führt, dem Ziel dieses Tages. Da diese Strecke relativ flach ist, kamen wir recht schnell voran und waren, obwohl wir erst ziemlich spät losgekommen waren, bereits um halb zwei in Altusried, wo Johannes schon auf uns gewartet hat, der uns einen Teil unserer Tour begleiten sollte. Auf dem Weg nach Aitrach, wo wir zu Mittag essen waren, machte sich schon die Hitze bemerkbar, die die gesamte erste Woche doch relativ anstrengend machte. So haben wir den ganzen restlichen Tag über auf dem Rad verbracht und sind die Iller entlang zum Teil auf baden-württemberger, zum Teil auf bayerischer Seite. Als wir dann nach knappen 100 Kilometern bei Johannes´ Haus angekommen sind gab´s dort noch ein Grillfest, bei dem wir uns für die nächsten Tage stärken konnten.

Ulm – Donauwörth

Tag 3 – Fr. 7 August 2020 – 94,0 km – ↑177 m /↓262m

Günzburg, Dillingen an der Donau, Donau-Ries

Obwohl wir an diesem Tag uns die Zeit für´s Zeltabbauen, was zum Teil insgesamt über eine halbe Stunde gedauert hat, sind wir trotzdem erst gegen halb elf bei Neu-Ulm losgekommen. Schon zu dieser Uhrzeit hat man die Hitze schon deutlich gespürt. Das hat uns aber nicht abgehalten, zu dritt den Weg bis nach Donauwörth anzutreten.

Da wir ja schon in der Region waren, mussten wir noch die Gelegenheit nutzen, durch Ulm durchzufahren und uns noch schnell das Münster anzuschauen.

Um beim weiteren Streckenverlauf etwas Höhenmeter zu sparen sind wir von dort aus quasi nur noch an der Donau entlang gefahren. Da wir der größten Mittagshitze ausweichen wollten, haben wir in Günzburg Rast gemacht und etwas gegessen und waren auch danach einige Kilometer weiter in Dillingen a.d. Donau noch Eis essen. Auf den letzten Kilometern zum Campingplatz hatten wir bei richtig tollem Licht noch die Möglichkeit, die Aussicht über die Region von den umgebenden Hügeln aus zu genießen.

Am Schlafplatz angekommen haben wir dann erst mal alles aufgebaut, noch etwas gekocht und auf der großen Deutschlandkarte, die wir mitgenommen haben, geschaut, welchen Weg wir schon zurückgelegt haben. Da Johannes die darauffolgenden Tage keine Zeit mehr hatte, waren wir ab diesem Abend bis zum Schluss zu zweit unterwegs.

Donauwörth – Roth

Tag 4 – Sa. 8 August 2020 – 83,2 km – ↑606 m /↓635m

Weißenburg-Gunzenhausen, Roth

Nach dem „kleinen“ Abstecher an der Donau entlang ging´s an diesem Tag wieder in den Norden. Jedoch wurde auch die Hitze immer heftiger, die einem doch einen substantiellen Teil der Kraft raubt, die man für´s Radeln braucht. Das ging sogar soweit, dass wir uns schon bevor wir uns auf die Räder geschwungen haben gefragt haben, ob wir heute überhaupt so weit kommen, wie wir wollten. Die Tagesetappe bestand doch aus rund 85 Kilometern und einem Aufstieg von 600 Höhenmetern. Da die Lage sich aber nicht verbessert, wenn man den ganzen Tag lang bei 35 Grad im Zelt sitzt, sind wir nach dem Frühstück so früh wie möglich los. Die hügelige Landschaft brachte uns zwar ganz schön ins schwitzen, aber die Aussichten und die Abfahrten ins Tal zu den Dörfern machten dann doch Spaß.

Bei Weißenburg machten wir dann Rast, um nicht zu überhitzen und haben da noch zu Mittag gegessen und uns ausgeruht. An fast reifen Getreidefeldern ging´s dann die Fränkische Alb hinab zum Brombachsee, den wir aber nur kurz betrachten konnten, da der Campingplatz bei Roth schon gewartet hat. Wie des Öfteren auf dieser Reise waren die letzten Kilometer noch mal besonders spannend, da wir unterwegs noch einkaufen mussten, die ganzen Lebensmittel aber gar nicht in unsere Taschen gepasst haben. Da mussten wir mit einer Plastiktüte improvisieren, was dann bei den ohnehin schon über 25 Kilogramm Gepäck schon etwas abenteuerlich ausgesehen hat (da will man gar nicht wissen, was die Hinterachse so alles aushalten muss).

Nach den Strapazen dieses Tages wurden wir aber mit einem echt super gelegenen Campingplatz mitten im Wald mit einem eigenen Badesee belohnt, den wir auch erst einmal ausgenutzt haben. Nach einem solchen Tag ist es dann doch das Beste, sich im Wasser etwas abzukühlen.

Roth – Bamberg

Tag 5 – So. 9 August 2020 – 106,6 km – ↑296 m /↓326m

Nürnberg, Fürth, Erlangen, Erlangen – Höchstadt, Forchheim, Bamberg

Auch nach den letzten Tage in der Hitze wurde es zum Ende der Woche hin immer noch nicht besser. Das hat aber auch den Vorteil, dass es immer klare Sicht hat und es nicht regnet.

In der Nähe von Roth sind wir los, um durch Kiefernwälder am Main-Donau-Kanal bis nach Nürnberg zu radeln. Nach einigen Höhenmetern waren wir dann gegen Mittag schon auf der Burg oben und haben uns dort erst einmal ein lokales Mittagessen gegönnt. Bei einem interessanten Gespräch mit einem älteren, dort ansässigen Mann, der uns auch von seinen früheren, langen Fahrradtour erzählt hat, erfuhren wir den Schöpfungsmythos der berühmten Nürnberger Bratwürste. Nach einem kleinen Abstecher durch die Altstadt ging´s zum Eisessen nach Erlangen weiter, wo wir uns allerdings nicht mehr so viel anschauen konnten, da sich der Tag irgendwann zu Ende neigte und wir noch bis kurz vor Bamberg weiter mussten. Auf dem Weg dorthin mussten wir noch eine Tankstelle aufsuchen, da wir ja für den nächsten Morgen wieder Milch brauchten. Nach über hundert Kilometern Strecke konnte man uns wahrscheinlich die Anstrengung wohl schon ansehen, als wir dann zum Sonnenuntergang an der Campinginsel Bamberg angekommen sind. Da waren wir dann auch echt froh drum, weil wir fast keinen Platz mehr bekommen hätten.

Als wir dann das Zelt aufbauen wollten, bemerkten wir dass einige der Stangen dafür einfach durchgebrochen waren. Nach den Tagen, die sie gehalten haben kam das doch etwas unerwartet. Unser Zeltnachbar dort war aber so nett, und hat uns geholfen, alles zumindest provisorisch wieder zu richten. Mit einem halb-kaputten Zelt, einer dünnen Suppe und einigen Scheiben Brot ließen wir so den Tag am Ufer der Regnitz ausklingen. Da lernt man schon die Dinge zu schätzen, die man zu Hause als so selbstverständlich ansieht.

Bamberg – Schleusingen

Tag 6 – Mo. 10 August 2020 – 95,8 km – ↑659 m /↓471m

Haßberge, Coburg, Hildburghausen

Aufgrund der Hitze sollte sich auch dieser Tag als anstrengend herausstellen, obwohl wir nicht mehr Kilometer als sonst gemacht haben.

Gegen halb elf sind wir bei Bamberg losgekommen und sind dann erst einmal durch die Stadt gefahren, um uns wegen des hohen Verbrauchs mit Sonnencreme einzudecken und dann noch etwas die Altstadt anzuschauen. Danach ging´s durch die letzten bayerischen Dörfer in der Umgebung von Coburg und die ehemalige deutsch-deutsche Grenze nach Thüringen, wo wir auch an der Gedenkstätte Billmuthshausen vorbei kamen.

Durch die ländlich geprägte Region haben wir sind wir dann weiter an den Ratscher-Bergsee in der Nähe von Schleusingen geradelt, was sich dann doch als etwas hügelig herausgestellt hat.

Trotz den eher dürftigen Sanitäranlagen haben wir uns an dem Abend schon ziemlich auf´s Ausruhen gefreut, nachdem der Tag wieder recht kräftezehrend war. Doch entgegen unserer Erwartungen und Wünsche war die darauf folgende Nacht alles andere als ruhig. Die laute Musik unserer Zeltnachbarn, die bis in die frühen Morgenstunden andauerte machte die Angelegenheit alles andere als angenehm.

Schleusingen – Eisenach

Tag 7 – Di. 11 August 2020 – 95,2 km – ↑673 m /↓705m

Meiningen, Schmalkalden – Meinigen, Wartburgkreis

Trotz des rücksichtslosen Verhalten der Zeltnachbarn auf dem Campingplatz beim Ratscher-Bergsee mussten wir auch an diesem Tag wieder weiterfahren, da wir ja voran kommen wollten. Da langsam Routine beim Zeltabbau kommt, kamen wir schon gegen halb zehn morgens los und konnten schon in den ersten Stunden gut Strecke machen. Immer entlang an der Werra entlang ging´s über kleine thüringische Dörfer und verlassen wirkende Landschaften bis nach Meinigen, eine Stadt mit sehr schön hergerichtetem Kern. Da wir hier schon ziemlich weit von der Heimat entfernt sind, mussten wir dort auch erst einmal bei noch herrlichem Wetter die lokale Küche ausprobieren, was auf jeden Fall eine Erfahrung wert ist. Nach der Stärkung ging´s also weiter in Richtung Eisenach, auf der linken Seite war die Rhön nicht weit und der Blick nach rechts offenbarte den Thüringer Wald. Wie sich herausstellen sollte, war diese Kombination von Bergen und dem Tal dazwischen optimal für ein sehr stürmischen Schauer.

Bei warmem Wetter und einem leichten, angenehmen Wind wollten wir uns eigentlich nur für eine kurze Pause auf eine überdachte Bank ausruhen. Als es dann anfing, leicht zu regnen, dachten wir, dass wir dafür doch einen ganz guten Platz gefunden haben, sogar die Fahrräder konnten wir zunächst trocken halten. Doch dann fing´s auf einmal so stark an, zu winden, dass unsere Fahrräder fast umgefallen sind. Deutlich schlimmer war aber, dass der Regen mit voller Macht uns quasi horizontal getroffen hat und wir nicht einmal Zeit hatten, die Regensachen rauszuholen. Interessanterweise hat ein Mann, der gerade mit dem Rad einkaufen war, auch dort Zuflucht gesucht hat. Dieser sagte uns dann, dass er so ein Wetter in den letzten zwanzig Jahren dort nicht mehr erlebt hat. Und wir sind wohl genau zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort.

Komplett durchnässt mussten wir also irgendwann weiter, da uns dieser Wetterumschwung doch einiges an Zeit gekostet hat. Zum Glück kam bald darauf die Sonne wieder raus und wir konnten zumindest das Wichtigste noch trocknen. Nachdem wir dann noch Essen für den Abend und den nächsten Tag einkaufen waren, standen fast alle Höhenmeter des Tages noch vor uns. Die waren doch noch einmal ziemlich anstrengend, aber der Ausblick von oben war´s echt wert. Und der Campingplatz etwa zehn Kilometer südlich von Eisenach ist auch um Welten besser, als der davor. Als Belohnung für die Strapazen des heutigen Tages hatten wir sogar wieder die Möglichkeit, in einem kleinen See direkt am Campingplatz etwas baden zu gehen.

Eisenach – Altenburschla

Tag 8 – Mi. 12 August 2020 – 54,3 km – ↑642 m /↓723m

Eisenach, Werra- Meißner

Da wir mittlerweile etwa die Hälfte der Reise geschafft haben – Eisenach liegt ziemlich genau in der geographischen Mitte Deutschlands – wollten wir uns eigentlich auch mal einen Ruhetag gönnen. Zunächst kam uns der Gedanke, die Jugendherberge in der Luther-Stadt aufzusuchen, was jedoch nicht geklappt hat. Das sollte uns auch noch häufiger auf der Reise passieren. Letztendlich haben wir uns darauf geeinigt, nur eine halbe Tagesetappe zu radeln, was etwa 50 Kilometern beim derzeitigen Tempo entspricht. Da wir aber nicht den halben Tag im Zelt verbringen wollten, haben wir die Möglichkeit genutzt, uns die bekannte Wartburg anzusehen. Und wie wir auf dem Weg dorthin gemerkt haben, ist der Weg dahin ganz schön anstrengend, da wir vom Campingplatz aus erst einmal die ganzen Höhenmeter, die wir am vorherigen Abend angesammelt haben, abbauen mussten, nur um dann mit dem ganzen Gepäck bei über 30°C die Burg zu erklimmen. Dafür waren wir dann auch die einzigen oben, die nicht mit Auto oder Bus hochgekommen sind. Und von oben konnten wir fast die ganze Strecke sehen, die wir an dem Tag noch zurücklegen wollten.
Nach dem Mittagessen in Eisenach suchten wir noch ein Campingladen auf, um einige Zeltstangen zu kaufen, das wäre sonst beim nächsten Windstoß komplett zusammengeklappt.
Über hügelige Landschaften und kleine Dörfer ging´s an der Werra entlang bis in die kleine Ortschaft Altenburschla, wo wir einen richtig schönen und empfehlenswerten Campingplatz direkt am Fluss an der ehemaligen Grenze fanden. Dort angekommen ist uns aufgefallen, dass wir dummerweise kein Bargeld mehr dabei hatten, um die Unterkunft dort zu bezahlen. Das bedeutete, dass einer von uns den ganzen Weg bis nach Weißenborn in Thüringen am Abend radeln durfte. Da hatten wir echt Glück, dass es noch so lange hell war und das Wetter einigermaßen mitspielte.
Am Flussufer gab´s danach dann endlich Abendessen, worauf wir uns beide schon richtig gefreut hatten. Und der einfache Charakter des Campingplatzes und die abgelegene Lage ließen dabei noch Platz für das Abenteuerfeeling.

Altenburschla – Northeim

Tag 9 – Do. 13 August 2020 – 104,3 km – ↑539 m /↓500m

Eichsfeld, Göttingen, Northeim

Nach dem relativ entspannten vorherigen Tag war morgens die Motivation doch recht hoch. Wir sind sogar extra früher aufgestanden, damit die Etappe bis nach Northeim, was auch über 100 Kilometer sind, zumindest einigermaßen entspannt wird. Problematischerweise fing es schon beim Frühstück an, ziemlich zu regnen. Zu dem Zeitpunkt dachten wir noch, es wäre eine gute Idee, abzuwarten, bis der Regen aufhören würde, damit unsere Sachen beim Abbau nicht nass werden, aber den morgen über wurde es immer schlimmer. Zum Mittag hin mussten wir uns dann die Frage stellen, ob wir eine weitere Nacht in dem Dorf bleiben wollen, oder doch noch die Reise antreten sollen. Wir haben uns dann für letztere Möglichkeit entschieden. Da konnte unsere Regenausrüstung dann mal zeigen, was sie so drauf hatte. Und wenigstens ein großer Teil der Fahrradtaschen blieben innen einigermaßen trocken.

Wie schon an den Tagen davor hielten wir uns immer an der Werra entlang, um nach Norden zu kommen, ohne zu viele Höhenmeter zurücklegen zu müssen. In Witzenhausen gab´s dann das erste richtige Mittagessen (um vier Uhr nachmittags) und eine kleine Pause. Über die letzten richtigen Hügel dieser Reise sind wir dann nach Göttingen gekommen, wo wir aber nicht einmal vom Rad abgestiegen sind, schließlich hatten wir´s eilig, also sind wir da in gefühlt zehn Minuten durchgerast.

Da ab hier die Radwege ziemlich gerade und eben wurden, waren die letzten Kilometer bis nach Northeim auch schnell erledigt.

Obwohl´s echt ziemlich gut gelaufen ist, nachdem wir erst einmal losgekommen sind, war´s auch schon gut am Dämmern, bis wir am Campingplatz waren – und das im Hochsommer.

Den Abend haben wir dann noch für einen großen Waschgang verwendet, da es abends wenigstens einigermaßen trocken war und wir gut unsere Wäsche über Nacht aufhängen konnten.

Da wir jetzt in Niedersachsen angekommen waren, hatten wir das erste mal das Gefühl, im Norden angekommen zu sein, was wieder die Motivation stärkt, den Wetterbedingungen, die den zweiten Teil der Reise prägen sollten, zu trotzen.

Northeim – Hannover 

Tag 10 – Fr. 14 August 2020 – 92,3 km – ↑296 m /↓393m

Hildesheim, Hannover

Da uns der Regen auch an diesem Morgen nicht verschonen sollte, waren wir ganz besonders froh, einen überdachten Platz zum Frühstücken zu haben. Den haben wir dann auch genutzt, um unsere Räder mit dem Gepäck startklar zu machen, ohne dass alles direkt nass wird.

Da wir aus den Erfahrungen des letzten Tages gelernt hatten, machten wir uns so schnell wie möglich trotz Regen auf, um Hannover anzusteuern, was der nächste Meilenstein der Reise werden sollte. „Schnell“ ist hier aber relativ, wir sind erst um kurz vor 12 Uhr losgekommen, obwohl wir uns beeilt haben.

Nach einem improvisierten Mittagessen auf einer Parkbank bei einem Supermarkt durften wir dann die Kombination der beiden Wetterextremen erleben, die uns schon das ein oder andere Mal das Leben schwer gemacht hatten. Denn wenn die Sonne voll auf die total verregnete Landschaft scheint, schnellt die Luftfeuchtigkeit so sehr in die Höhe, dass es echt richtig unangenehm wird, mit all dem Gepäck voranzukommen (ja, wir durften häufiger spüren, dass wir eindeutig zu viel mitgenommen haben, ein Alutopf wäre da auf jeden Fall eine lohnenswerte Alternative gewesen). Zum Glück hielten sich die Höhenmeter ziemlich in Grenzen und die Landschaft bot etwas Abwechslung für´s Auge.

Da wir an diesem Tag schon gut in die Pedale getreten haben, waren wir eigentlich schon recht bald am Ziel. EIGENTLICH! Aber wie es die Natur so wollte, hat´s keine zwei Kilometer vor dem Campingplatz nochmal richtig angefangen zu regnen. Und obwohl man auch da aufpassen sollte, nicht hinzufallen war uns das mittlerweile egal. Aber das Gewitter zwang uns dann doch, uns an einer Bushaltestelle unterzustellen. So ein Fahrrad aus Metall sowie die Tatsache, dass ein großer Teil des Radweges über offene Felder führte, ergaben mit den Blitzen, die nur etwa zwei bis drei Kilometer von uns entfernt waren, keine gute Combo.

Schlussendlich sind wir dann völlig durchnässt und viel später als geplant am größten Campingplatz der ganzen Reise angekommen. Da tut dann ein Abendessen und eine warme Dusche echt gut.

Hannover – Soltau

Tag 11 – Sa. 15 August 2020 – 98,7 km – ↑216 m /↓218m

Celle, Heidekreis

Nach dem Wetter in den letzten Tagen waren wir doch froh, dass es auch mal einen Tag ohne größere Probleme gab. Trotzdem hatten wir noch am morgen kaum trockene Sachen, obwohl es nachts nicht geregnet hat. Die Luftfeuchtigkeit war aber einfach zu hoch, als dass die Klamotten trocknen könnten (und das, obwohl wir nur Funktionssachen dabei hatten).
Bis zu unserem ersten Ziel Hannover hatten wir´s auch vom Campingplatz nicht weit. Wie auch schon zwei Tage zuvor bei Göttingen hatten wir wieder nicht großartig Zeit, um uns mehr als das Rathaus von außen anzuschauen. Das ist eben das Problem, wenn man die ganze Strecke durch Deutschland in einer akzeptablen Zeit schaffen will, da muss man eben Abstriche machen.
Über ebene Fahrradwege (worüber wir dann doch sehr froh waren), ging die Tour wieder durch die Prärie immer weiter in den Norden. Das ist dann gleich auf mehrere Arten motivierend: Man schafft die gleiche Strecke, wie im Süden Deutschlands mit deutlich weniger Anstrengung und kann dabei viel direkter in den Norden fahren.
Ohne, dass wir es vorher geplant hatten, kamen wir auf dem Weg nach Hannover auch an der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Bergen-Belsen vorbei, wofür wir uns dann auch etwas Zeit nahmen.
Das war wohl der erste Tag, an dem wir abends nicht ziemlich kaputt von der Tour waren, und wir hatten sogar mit dem Campingplatz ziemlich Glück, die Nähe zu den Sanitäranlagen und ein eigener Badesee hat dann doch viele Vorteile. Und der abendliche Blick auf die Deutschlandkarte zeigte uns, dass es bis zur Nordsee auch gar nicht mehr so weit war.

Soltau – Hamburg 

Tag 12 – So. 16 August 2020 – 105,7 km – ↑513 m /↓486m

Harburg,Hamburg

Bei angenehmem Wetter morgens loszufahren ist echt mal eine Abwechslung nach der Hitze und dem ganzen Regen der letzten Tage. Und auch dieser Tag sollte wieder spannend werden. Denn schon nach kurzer Zeit offenbarten sich die Anfänge der Lüneburger Heide, leider kann man aber von den größeren Fahrradwegen nicht wirklich viel sehen und man fährt auch die ganze Zeit parallel zu der Bundesstraße. Deshalb entschieden wir uns dazu, mal einen Abstecher auf einem nicht ganz so befestigten Weg zu machen. Anfangs ging das auch, aber irgendwann kam man sich eher wie auf einem Wanderweg vor, was für unsere Räder vor allem auch wegen dem Gepäck nicht ganz so vorteilhaft war. Aber obwohl die Ketten bald schon voller Sand waren hat sich´s trotzdem gelohnt, da wir die 1000 Kilometer-Marke mitten in der Heide knacken konnten, was dann doch die Motivation steigerte, weiterzumachen. Danach haben wir aber wieder die Hauptwege angesteuert, da die ganzen Schlaglöcher zum einen nicht wirklich angenehm sind und sich auch schon erste Schäden am Gepäckträger bemerkbar machten. Und in Schrittgeschwindigkeit hätten wir die 90 Kilometer an diesem Tag auch nicht geschafft.

Also ging es vorbei an zahlreichen Truppenübungsplätzen und Dörfern weiter Richtung Hamburg. Und gegen Mittag hat sich dann auch die Sonne wieder bemerkbar gemacht, aber bald war dann auch schon Hamburg in Sicht. In der Stadt merkt man erst, wie schnell man den ganzen Tag auf den Fahrradwegen eigentlich unterwegs war, weil man ja an den ganzen Ampeln und Kreuzungen anhalten muss. Da macht sich auch das Problem mit der Beschleunigung bemerkbar: Hat man erst einmal eine gewisse Geschwindigkeit mit dem ganzen Gepäck erreicht, muss man nicht wirklich stark treten, um diese aufrecht zu erhalten (es sei denn, es geht bergauf). Aber das Anfahren ist echt anstrengend.

Nachdem wir durch den Elbtunnel durchgefahren sind, haben wir uns erst einmal die Hafencity etwas angeschaut und uns dabei natürlich auch Fischbrötchen und eine kleine Pause gegönnt. Da der Tag noch jung war, mussten wir natürlich auch die Elbphilharmonie besichtigen, wie geht’s denn auch anders in Hamburg. Später füllten wir uns dann noch unsere Wasservorräte auf, was bei dem Wetter auch wirklich nötig war. Im Nachhinein ist es schon lustig, bei wie vielen Restaurants und Cafes wir unsere Flaschen nachgefüllt haben. Obwohl wir eigentlich noch länger in Hamburg geblieben wären (auch hier war Jugendherberge keine Option), drängte uns die untergehende Sonne schon bald, an der Blankenese Richtung Westen an der Elbe entlang zu radeln. Am Ende vom Tag waren wir dann wohl beide ziemlich fertig und auch echt froh, an einem richtig tollen Campingplatz direkt am Elbstrand angekommen zu sein. Das Essen war an dem Abend auch wirklich verdient nach insgesamt tausend Kilometern auf dem Rad. Da ist sogar noch etwas Zeit geblieben, nachts etwas den Wellen zu lauschen und die riesigen Frachtschiffe beim Vorbeiziehen zu beobachten.

Hamburg – Friedrichskoog

Tag 13 – Mo. 17 August 2020 – 103,2 km – ↑68 m /↓62m

Pinneberg, Steinberg, Dithmarschen

Zum Glück haben wir die Tour vom Süden in den Norden geplant, weil in Schleswig-Holstein an der Küste entlang zu fahren ist so viel angenehmer, als im bergigen Bayern. Und als ob die ebenen Fahrradwege noch nicht gut genug wären kamen wir auf die letzten Tage sogar noch in den Genuss von Rückenwind.

Beim Zeltabbau kamen wir auch noch mit unserem Zeltpartner ins Gespräch. Als der uns bei der Fahrrad-Reparatur Hilfe leistete (die Wanderwege in der Lüneburger Heide hat den Gepäckträgern doch nicht so gut getan), meine er, er ist auch auf einer Fahrradtour von Köln zur Nordsee und dann nach Dresden unterwegs. Da seine nächste Station Elmshorn war, beschlossen wir, gemeinsam für einige Zeit in diese Richtung zu fahren. Dabei kamen wir durch die ein oder andere Schafherde durch, was in den nächsten Tagen durchaus noch häufiger vorkommen sollte, und tauschten noch Erfahrungen übers Radfahren aus. Davon hatte er natürlich reichlich, was das ganze recht interessant machte. Einige Kilometer von Elmshorn entfernt trennten sich dann unsere Wege und wir machten uns weiter auf in Richtung Friedrichskoog, wo unser nächster Campingplatz auf uns wartete. Diesmal hatten wir aber weniger Zeitdruck und auch das Wetter hat auch gehalten.

In Glückstadt machten wir dann Mittag und bereiteten uns auf den angekündigten Regen vor, was jedoch nicht wirklich nötig war, wie sich herausstellte. Immer am Deich entlang ging´s durch Windparks und kleine Dörfer weiter zum Ziel. Die Reetdächer stechen da schon ins Auge, so etwas gibt’s bei uns im Süden gar nicht.

Zum Glück war der Tag nicht ganz so anstrengen, denn der Abend auf dem Campingplatz war aufgrund des Regens, der dann einsetzte und den dürftigen Sanitäranlagen gar nicht mal so angenehm. Aber mit so etwas muss man eben auf einer längeren Radtour rechnen.

Schlimmer war allerdings, dass unser Plan, erst so spät die Zugtickets für die Rückfahrt zu buchen überhaupt nicht aufging. Letztendlich hat sich diese um vier Tage nach hinten verschoben, was aber den Vorteil mit sich brachte, dass wir jetzt länger Zeit für die letzten Kilometer hatten.

Friedrichskoog – St. Peter Ording

Tag 14 – Di. 18 August 2020 – 77,8 km – ↑41 m /↓57m

Nordfriesland

Eigentlich wollten wir die richtige Nordsee schon am Vorabend sehen, da diese ja ein weiterer Meilenstein unserer Reise darstellte. Da das Wetter aber nicht ganz so auf unserer Seite war, beschlossen wir, direkt am nächsten Morgen auf die andere Seite des Deiches zu schauen, der direkt am Campingplatz entlang verlief. Denn auf der anderen Seite sollte sich ja das Meer offenbaren – DACHTEN WIR! Aber nix da, das einzige was wir erblicken konnten, waren Wiesen und Schafe, da mussten wir fast schon über unsere eigenen Erwartungen schmunzeln. Aber egal, die nächsten Tage sollten wir ohnehin noch genug vom Meer sehen.

Da wir unsere Planung am Vortag noch ziemlich abgeändert hatten, beschlossen wir, mal etwas entspannter zu fahren. Und das, obwohl wir erst um elf Uhr losgekommen sind. Unsere erste Anlaufstelle war die Nordseestadt Büsum, wo es auch direkt Mittagessen gab (das hob natürlich die Motivation nochmals an, zumal wir jetzt auch richtig „am Meer“ waren). Nachdem wir diese kleine, aber feine Stadt uns etwas anschauten, zogen wir weiter durch die Region Dithmarschen über das Eider Sperrwerk, was den Übergang zur Halbinsel Eiderstedt markierte.

Ursprünglich war ja geplant, dass wir von dort aus weiter nordwärts nach Husum wollten, aber mit der vielen Zeit konnten wir uns die Ferienstadt St. Peter Ording natürlich nicht entgehen lassen. Und das sollten wir nicht bereuen.

Da diese Tagesetappe „nur“ 70 Kilometer lang war, kamen wir schon gegen Nachmittag an, konnten noch gemütlich einkaufen gehen und hatten noch locker Zeit, um den berühmten Strand bei Tageslicht zu bewundern, mit dem Glück, dass deutlich weniger Touristen da waren, als wir erwarteten. JETZT konnten wir sagen, wir haben´s geschafft, vom Allgäu bis an die Nordsee zu radeln, und das, obwohl die Reise ja noch nicht zu Ende war.

Abends kamen wir dann beim besten Campingplatz an, den wir uns bis dato aussuchten: Ein ruhig gelegener, umgebauter Bauernhof mit familiärer Betreuung.

Wegen solchen Tagen macht man so eine Tour.

St. Peter Ording- Norddeich

Tag 15 – Mi. 19 August 2020 – 66,6 km – ↑46 m /↓43m

Nordfriesland

Wenn man schon mal so im Norden ist, kann man auch gleich etwas der ruhigen und gemütlichen Lebensweise ausprobieren. Denn beeilen mussten wir uns ab hier echt nicht mehr.

Nach dem Frühstück mit unseren Zeltnachbarn bei St. Peter Ording machten wir uns mit unseren vollbepackten Drahteseln zunächst zum berühmten Leuchtturm von Westerhever auf. Überraschenderweise war dieser einer der wenigen Punkte unserer Reise, an denen wir mit einer größeren Anzahl an Touristen in Kontakt kamen. Bei richtig tollem Fahrradwetter (und zudem auch noch Rückenwind) war unsere nächste Station Husum, wo dann auch die Mittagspause schon auf uns wartete. Einen Gruß an den Istanbul Döner Treff in Husum:)

Da wir jetzt wirklich den ganzen Verlauf der Küste auskosten wollten, suchten wir uns einen Campingplatz auf der Halbinsel Nordstrand aus, anstatt weiter in Richtung Niebüll zu fahren. Dadurch war die Strecke an diesem Tag auch nur 70 Kilometer und wir konnten schon gegen halb 6 Feierabend machen. Feierabend ist aber auch hier relativ, man muss ja alles wieder aufbauen und sturmfest machen, und auch für´s Abendessen will gesorgt sein. Nichtsdestotrotz blieb am Ende noch Zeit, um auf dem Deich, der direkt am Campingplatz entlang lief, den besten Sonnenuntergang der ganzen Fahrt zu genießen. Im Westen das Meer, im Osten die weiten Ebenen Schleswig-Holsteins und ein violett glühender Abendhimmel. Das muss man genießen.

Norddeich – Sylt

Tag 16 – Do. 20 August 2020 – 99,8 km – ↑70 m /↓68m

Nordfriesland

Auf der letzten vollen Etappe bis zum nördlichsten Punkt Deutschlands hat uns zwar das Wetter auf die Probe gestellt, aber gegen die Motivation, die so kurz vor dem Ziel doch am größten ist, kommt nicht viel an. Und da wir schon relativ früh loskamen, konnten wir uns auch etwas Zeit lassen, mussten aber schon auf dem Campingplatz schon alles wasserdicht verpacken.

Was hier oben doch auffällt, ist, dass wir fast die einzigen Radfahrer waren, was uns dann doch etwas verwunderte, da es sich hier doch richtig gut fahren lässt. So kam es sogar dazu, dass wir mittags kurz an einem Deich eine kleine Verschnaufpause machten. Und obwohl man bestimmt fünf Kilometer in beiden Richtungen der Küste entlang sehen konnte, sahen wir keinen einzigen anderen Menschen – und das zur Hauptferienzeit.

Das hat dann aber doch etwas, wenn man nur die Wellen, den Wind und die Vögel hört, fast schon etwas einsam.

Leider kann man aber nicht ewig an diesen idyllischen Plätzen verweilen, irgendwann muss man ja auch ankommen. Die letzte Station auf dem Festland hieß also Klanxbüll, von wo aus der Zug nach Sylt losfährt. Da wir aber noch etwas mehr als eine Stunde Zeit hatten, bis der Zug startete, waren wir so spontan, zur Dänischen Grenze hochzuradeln, was ja auch nur noch fünf Kilometer waren. Eigentlich hatten wir ja anfangs vor, noch etwas in Dänemark weiterzufahren, vielleicht sogar bis nach Kopenhagen, was dann aber aus mehreren Gründen nicht ging. Aber zumindest bis zum Grenzstein zu kommen ist auch schon etwas.

Die Zugfahrt über den Hindenburgdamm war dann zusammen mit der kurzen Überfahrt über den Nord-Ostsee Kanal die einzigen Strecken, die wir auf der gesamten Tour nicht mit dem Fahrrad zurücklegten. Bei aktzeptabler Uhrzeit kamen wir dann auch am Campingplatz bei Tinnum an und konnten noch etwas den Abend bei Tageslicht genießen ohne uns Stress machen zu müssen, da das ja unser letzter Zeltplatz sein sollte. Da der Weg bis zum Strand bei List doch etwas weit war, wollten wir dieses größte Highlight der Fahrradreise auf den nächsten Tag verschieben, da wir ja ohnehin noch einige Tage auf der Insel bleiben mussten.

Eine Sache, mit der wir so an dieser eigentlich geschützten Lage nicht rechneten, war der Wind, der uns auch die nächsten Tage hier begleiten sollte. Der war nämlich so stark, dass wir uns nachts teilweise gegen die eine Zeltseite stemmen mussten, dass uns der ganze Spaß nicht zusammen klappt. Aber an dieser Stelle war uns das schon fast egal. Denn wir hatten´s geschafft – zumindest fast. Der Höhepunkt wartete ja am nächsten Tag auf uns.

 Sylt

Tag 16 – Do. 20 August 2020 – 99,8 km – ↑70 m /↓68m

Nordfriesland

Man muss schon sagen, den Einfluss des Wetters merkt man umso mehr, wenn man den ganzen Tag draußen unterwegs ist. Aber wir hatten auch zum Teil echt Pech. So wurden wir auch in dieser Nacht nicht von starkem Regen verschont, was aber zum Glück nicht ganz so viel ausmacht, wenn das Zelt schon aufgebaut ist. Gegen vier Uhr morgens hat´s dann aber richtig angefangen zu stürmen und ziemlich stark zu regnen – fast so schlimm wie bei Meinigen. Bis zum Morgengrauen waren wir dann auch so ziemlich die einzigen mit einem normalen Zelt auf dem Platz, unsere Nachbarn wurden richtig überflutet und haben  sich dann irgendwann davongemacht. Wir waren aber trotz allem fest entschlossen, heute bis nach ganz oben zu fahren. Und morgens wurde das Wetter dann auch wieder besser.

Nach zweieinhalb Wochen ohne Ruhetag ist´s dann auch mal was Besonderes, wenn man nach dem Frühstück nicht noch das Zelt abbauen und aufräumen muss. Wir konnten einfach direkt los, fast ohne Gepäck. Das fühlt sich einfach so an, als hätte man einen Motor ans Fahrrad montiert, denn mit dem Rückenwind heizten wir auf der ebenen Insel dauerhaft mit 40 km/h durch die Landschaft, das ist schon lustig, wenn man die E-Bikes so mit fast doppelter Geschwindigkeit überholt.

Durch die ganzen Feriendörfer sind wir dann an den ganzen Aussichtspunkten vorbei bis auf den Lister Ellenbogen ging´s bei ziemlichem Wind aber angenehmen Temperaturen bis zum Strand, den wir schon seit über zwei Wochen ansteuerten. Und da unsere Fahrräder uns bis hierher gebracht haben, nahmen wir die einfach mit bis ans Wasser, das konnten wir uns nicht entgehen lassen. Nach den ganzen Anstrengungen dieser Zeit war der Moment, als wir am Schild standen, das den nördlichsten Punkt Deutschlands markierte (und auf dem auch Oberstdorf als Mitglied des Zipfelbundes vermerkt war) einfach unbeschreiblich. Denn als Anfänger, wie wir uns bezeichnen würden (vor diesem Jahr hatten wir beide noch keine größeren Radtouren durchgezogen) ist das schon eine Leistung. Und jetzt war´s geschafft, die letzte Station war erreicht: Ein ruhiger und wunderschöner Sandstrand mit tiefblauen Wasser und der wärmenden Sonne auf der Haut.

Natürlich ist rückblickend betrachtet immer alles schöner, tendentiell vernachlässigt man  ja die unangenehmen Seiten eher, aber letztendlich verleihen diese Verzichte, Unannehmlichkeiten und Anstrengungen ja der Reise auch ihren Charakter. Und deshalb können wir beide sagen, dass es das einfach so was von wert war.

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